Tänzer, Choreograph, Energiebündel.
Christian Fandrey ist manchmal selbst überrascht, wie viel er erreicht hat. Als Teenager gemobbt, fliegen dem Weltmeister im Videoclip-Dancing heute spannende Jobangebote und jede Menge Herzen zu. Lebe deinen Traum? Für den PlusSize-Mann aus Düsseldorf gilt: Be the hype!
Wann hast du mit dem Tanzen begonnen?
Meine ersten Tanzschritte habe ich mit zwölf Jahren in einer Kirchentanzgruppe gemacht; die einzige Möglichkeit bei uns in Oer-Erkenschwick, einem kleinen Ort im nördlichen Ruhrgebiet. Mir klingt noch „Bailando“ von Loona im Ohr … Da habe ich jedenfalls sofort Blut geleckt und wollte nichts anderes mehr machen.
Familie und Freunde fanden das gleich okay?
Natürlich nicht! Am Anfang hat das niemand so richtig ernst genommen. Andererseits galt ich ohnehin als komischer Vogel und wurde gemobbt, weil ich anders war. Weil ich mich anders angezogen, andere Musik gehört habe, schwul war – was weiß ich. Irgendwas findet sich ja immer.
Das ist hart, gerade als Teenager …
Vor allem als übergewichtiger Teenager! Mein Lieblingssatz aus dieser Zeit: „Wenn du nur ein wenig dünner wärst, könntest du so ein hübscher Junge sein.“ Das habe ich wirklich gehasst. Aber das hat mich nur noch mehr angestachelt, es allen irgendwann einmal zu zeigen. Ich habe einfach mein Ding weiter durchgezogen. Nachdem ich herausgefunden hatte, dass man im 80 Kilometer entfernten Düsseldorf Videoclip-Dancing lernen konnte, bin ich zwei Jahre lang nach der Schule mit dem Zug hin- und hergependelt. Das hat mir so viel Energie gegeben, dass ich prompt eine Tanz-AG in meiner Schule initiiert habe. Auch meine Eltern haben dann gemerkt, wie ernst mir das Ganze ist. So viel Disziplin hat sie echt erstaunt.
Dein Gewicht stand dem Tanzen also nicht im Weg?
Da bin ich der lebendige „Oho- Effekt“. Klar, wenn ich mich irgendwo als Tänzer und Choreograph vorstelle, ernte ich erst mal skeptische Blicke – die sich dann aber schnell in Respekt verwandeln. Tanzen bedeutet für mich Leidenschaft und Emotion; das hat nun wirklich nichts mit dem Gewicht zu tun! Während der Teilnahme an einer Fernsehshow hatte ich zwar den Ehrgeiz, einiges von meinen 180 Kilo abzuspecken. Als ich im Finale nur noch 118 Kilo wog, war mir aber klar: Jetzt reichts.
Also kein Diätstress mehr?
Beim Thema Stress liegt ja genau das Problem. Wenn man sich zu stark unter Druck setzt, um dieses oder jenes Gewicht zu erreichen oder zu halten, bleiben Genuss und Lebensfreude total auf der Strecke. Es sollte vielmehr darum gehen, ein gutes Körpergefühl zu erlangen. Egal, ob man nun ein paar Pfunde mehr auf den Rippen hat oder nicht. Es geht ums Wohlfühlen. Wenn ich Lust auf eine Pizza habe, dann gönne ich mir die auch. Mal wiege ich fünf Kilo mehr, mal weniger. Inzwischen fühle ich mich automatisch unwohl, wenn ich es tatsächlich mal übertrieben haben sollte. Während der Woche achte ich einfach darauf, viel Obst und Gemüse zu essen, am Wochenende darf geschlemmt werden. Außerdem trinke ich viel Grüntee, um den Stoffwechsel auf Trab zu halten. Man muss sich gut fühlen, darauf kommts an!
Vor viereinhalb Jahren hast du deine Tanzschule neu.start in Düsseldorf gegründet. Man kann euch für Events und Shows buchen, du machst Coaching für Models und Künstler, man kennt dich aus dem TV … Hast du heute eine Botschaft für dein kleines Teenager-Ich?
Na klar! Lass dich niemals runterziehen, sondern mach dein Ding. Tu, wozu du Lust hast, und was dir Spaß macht. Kurz: Be the hype!
Christian Fandrey (31) ist Gründer und Inhaber von neu.start die Tanzschule Fandrey in Düsseldorf. Er ist ausgebildeter Tanzlehrer, Weltmeister 2018 im Videoclip-Dancing und als Choreograph und Coach für Künstler und Models tätig. Chris begeisterte mit TV-Auftritten bei „Got to Dance“, „Tigerenten Club“ oder „Volle Kanne“. Er ist ein gut gebuchtes Plus-Size-Model und saß im September 2018 in der Casting-Jury der Plus Size Fashion Days, für deren Choreographie er auch zuständig war. Seine Aktion #DANCEHASNOSIZE steht für Spaß an Bewegung in allen Alters- und Gewichtsklassen, Lebensfreude und jede Menge Power. Seiner Vision, Tanzen als ernstzunehmende Sportart zu etablieren und dem Thema Plus Size zu mehr Normalität zu verhelfen, ist er schon ein großes Stück nähergekommen. Getreu dem Motto „aus der Schublade tanzen“.